ergebniss

An dieser Stelle werden Scriptzusammenfassungen der Referenten des Symposiums "Entwicklungshilfe"am10.07.2004
im Rahmen der A2- Architekturwoche München veröffentlicht.

Ruud Brouwers, Stimulierungsofonds foor architektuur, Rotterdam

Steffan Bendix, Artgeneering, Rotterdam

Siegi Loos, IG-Architektur, Wien

Ulrike Rose, Stiftung Baukultur, Berlin


Die deutsche Architekturszene hat ein Problem.
Meist wird dieses Problem durch die Krise der Bauindustrie begründet und so als ein rein wirtschaftliches Problem betrachtet. Es handelt sich aber auch um ein strukturelles Problem des Berufsstandes (von Ausbildung bis Produktion) und um ein Generationenproblem.
Im Vergleich dazu haben gerade jüngere Architekten in unseren Nachbarländern Österreich und Niederlande in den 1990er und frühen 2000er Jahren von einer Welle der Innovationsoffenheit und Experimentierfreude profitiert. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Entwicklung nicht allein von einer lebhaften wirtschaftlichen Situation getragen wird, sondern unter jeweils unterschiedlichen Vorzeichen aktiv gestaltet wird. Diese Dynamik ist in Deutschland bislang ausgeblieben, obwohl es auch hier ein enormes Potential an Leuten und Ideen gibt.
Um diese Situation zu reflektieren und gleichzeitig positiven Input für eine notwendige Neuorientierung der Diskussion zu schaffen hat PAM unter dem Titel "Entwicklungshilfe" ein internationales Symposium organisiert mit Gästen aus den Niederlanden, Österreich, Berlin und München. Entwicklungshilfe stellte zwei architektur-aktive Organisationen aus Rotterdam und Wien vor, die auf unterschiedliche Art und Weise ihre jeweilige Architekturszene beeinflussen.

Ruud Brouwers
ehemaliger Direktor des stimuleringsfonds und Mibegründer des Nai, legte die
Grundlagen, Ziele und Funktionsweisen der niederländischen Kulturpolitik dar, insbesondere
bezüglich Architektur. Diese Politik investiert sowohl in Research und Design neuer räumlicher
Konzepte als auch in die Vertiefung der öffentlichen Wahrnehmung von Architektur und
Urbanismus. Es ist vor allem eine fördernde und stimulierende Politik auf vielen Ebenen. Die
Grundlagen und Prinzipien dieser Politik werden von der Regierung formuliert und mit einem
Budget ausgestattet. Die Umsetzung findet in klar definierten Programmen und Institutionen statt,
die jenseits bürokratischer Einflüsse von kleinen, fachlich kompetenten Teams geleitet werden. Der
stimuleringsfonds fördert Forschungsprojekte, Publikationen, Ausstellungen und Architekturzentren,
jedoch keine Bauprojekte. Essentiell für diese Arbeit ist eine in der Politik verankerte Idee
zeitgenössischer Kultur.

www.archfonds.nl

Stefan Bendiks
Partner des belgisch-deutschen Büros &Mac226;artgineering‘ aus Rotterdam, gab mit vier Projekten seines Büros konkrete Beispiele für die Umsetzung und für erfolgreiche Resultate niederländischer Architekturpolitik. Artgineering hatte für mehrere Arbeiten unterschiedliche Formen der Förderung erhalten. Staatliche Mikroinvestitionen ermöglichen dem Büro professionelle Produktivität in den Bereichen von Forschung und konzeptueller Arbeit. Das reicht von der Umsetzung eigener Projektideen bis zur Zusammenarbeit mit dem Raumordnungs- und Verkehrsministerium. So wird sukzessive die Reichweite und der Masstab des Arbeitsfeldes erweitert und durch Folgeaufträge konsolidiert

www.artgineering.nl

Siegfried Loos
Sprecher der Interessensgemeinschaft Architektur aus Wien, stellte einen völlig anderen Ansatz der aktiven Architekturpolitik vor. Die ig-architektur baut in Eigenintiative, sozusagen von unten, eine neue, landesweite Organisation auf, die allen Architekturinteressierten offen steht und zumindest für die jüngere Generation der Architekten eine einflussreiche Stimme darstellt. Plenarversammlungen entscheiden über Themen und Aktivitäten der ig-architektur, die in kleineren Arbeitsgruppen weiterverfolgt werden. Die ig-architektur finanziert sich ausschliesslich durch die Beiträge der Mitglieder, im Moment etwa 160 Architekten. &Mac226;Es ist das Anliegen der igarchitektur zu einer Neudefinition des Berufsbildes beizutragen und die Liberalisierung unserer Berufsberechtigung nach zeitgerechten und EU-konformen Massstäben zu erreichen.‘ Zentral sind die Bündelung gemeinsamer Interessen zu relevanten Aktionen und ein neuer Dialog zwischen Auftraggebern und Architekten über den potentiellen Mehrwert von Architektur.

www.ig-architektur.at

ENTWICKLUNGSHILFE 10/07/04 in München organisiert von PAM, der Positiven Architekten Mafia, www.pampampam.org

Ulrike Rose, Vertreterin der Stiftung Baukultur, Berlin
und Oliver Heiss, Vertreter der bayerischen
Architektenkammer, München
nahmen als Podiumsgäste an der anschliessenden Diskussion teil. Vor dem Hintergrund der Vorträge wurde die deutsche Situation mit ihren Chancen und Defiziten erörtert mit grosser Beteiligung aus dem Publikum. Auf allen Seiten ist der Wunsch nach mehr Bewegung und neuer Energie in der deutschen Architekturszene deutlich. Die Frage ist, wie das erreicht werden kann. Beide vorgestellten Ansätze enthalten Möglichkeiten und einiges ist auch in Deutschland bereits in Bewegung gekommen. Im nächsten Jahr wird die Gründung der bundesweiten Stiftung Baukultur stattfinden und die Länderkammern kümmern sich verstärkt um die jüngere Generation. Von aussen gesehen ist es das wichtigste, in Deutschland eine Idee von zeitgemässer Kultur zu entwickeln. Das heisst, neue Denk- und Arbeitsweisen zuzulassen, um Transparenz und Offenheit in der Kultur- und Förderpolitik zu schaffen, ebenso wie diese Politik zu enthierarchisieren. Zeitgemässe Kultur entsteht, nicht nur aber vor allem, in der jeweils jüngsten Generation und wird permanent mit grossem Engagement erarbeitet. Das ist das Kapital, das es zu nutzen und zu fördern gilt. PAM hat Entwicklungshilfe organisiert mit dem Anspruch, dass der angestrebte Impuls weitergeht und sich aus der Diskussion und den neuen Kontakten weiterführende Aktivitäten ergeben - was im Moment auch schon geschieht. Darüberhinaus kann PAM seine Ideen und sein Netzwerk anbieten, um mit anderen Personen und Organisationen an diesem Ziel zu arbeiten.

Johannes Schele, PAM - Amsterdam

www.pampampam.org
www.archfonds.nl
www.artgineering.nl
www.ig-architektur.at
www.stiftung-baukultur.de
www.byak.de

Entwicklungshilfe wurde ermöglicht durch finanzielle Unterstützung des stimuleringsfonds und des niederländischen Aussenministeriums und Kulturministeriums